Časopis ARS 35 (2002) 1-3

Ivo HLOBIL

Rytířské náhrobníky rané renesance na Slovensku a Moravě
[Die Ritter-Denkmäler der Frührenaissance in der Slowakei und in Mähren]
[Knights’ Tombstones of the Early Renaissance in Slovakia and Moravia]

(Resumé)

Die hussitische Revolution hat in Böhmen und Mähren für lange Jahre die Gestaltung von figuralen Grabmalskulpturen zum Erliegen gebracht. In Mähren kam es kürzlich zur lange erwarteten Veröffentlichung der erhaltenen Bestände dieser wieder auflebenden Art von Kunstwerken aus der einsetzenden Neuzeit, also vom Übergang zwischen Spätgotik und Renaissance (um 1500 - 1550). Ein Vergleich mit den Sepulchralien der Nachbarländer erlaubt, auf ihre Eigenständigkeit zu schließen. In der Slowakei, d.h. auf dem Gebiet des einstigen Oberungarns, konkret in der Zips, ist bekanntlich eine Gruppe prunkvoller Ritter-Grabmäler aus den ersten Anfängen der mitteleuropäischen Frührenaissance erhalten geblieben, die ikonographisch an die Palatinengrabmäler von Emerich Zapolya († 1487) und Stephan Zapolya († 1499) im Zipser Kapitel/Spišská Kapitula anknüpfen. Der Verfasser des Aufsatzes vertritt die Ansicht, dass diese Arbeiten von zwei Bildhauern sind. Der ältere und stilistisch weniger weit entwickelte Grabstein ist erst nach dem Tode des kinderlosen Emerich Zapolya entstanden, höchstwahrscheinlich unter der Aufsicht von Stephan Zapolya, ein Umstand, dem er wohl die sekundär übernommenen Einflüsse der italienischen Renaissance zu verdanken hat - vergl. Verwandtschaft und gleichzeitigen Qualitätsunterschied in der Ausführung der Engeldraperien an beiden Grabsteinen, wie man anhand der spezifischen, formal ähnlichen, jedoch qualitativ stark differierenden Ausführung des Faltenwurfs an den zwei Renaissance-Engeln schließen kann, der im Fall des Grabmals von Stephan Zapolya unmittelbar von den italienischen Wandmalereien in Ofen/Buda inspiriert war.

Ikonografisch waren die Grabmäler beider Zapolya und weiterer Edelleute in der Ostslowakei von der Tradition der Salzburger Sepulchralskulptur geprägt, insbesondere von der Tumba des Erzherzogs Ernst des Eisernen († 1424) in Rein. Die stolze Symbolik der Salzburger und oberösterreichischen Grabmäler, ungeniert durch die Anwesenheit von Engeln für die verstorbene Feudalherren das ewige Leben proklamierend, fand in den böhmischen Ländern der nachhussitischen Zeit weder Anklang noch Fortsetzung.

Eine Gruppe der slowakischen Grabmäler konzentrierte sich auf die Darstellung der persönlichen Rüstung und Waffen des Verstorbenen. In dieser Hinsicht sticht insbesondere das Grabmal des Stephan Zapolya hervor, einschließlich des in Feinarbeit ausgeführten Paladinenbanners, auf dem eine rätselhafte (kumanische?) Inschrift erscheint. Mährische Sepulchralreliefs bilden nur wiederholte Rüstungen ab, d.h. Werkstattrequisiten. Im Gegensatz dazu zeichnen sie sich durch Interesse an einer porträtartigen Darstellung der Gesichter von Verstorbenen, deren Häupter nicht mehr hinter den abgenommenen Helmen verborgen sind. Im Hinblick auf das völlige Fehlen zeitgenössischer Malereiporträts stellen sie so die älteste Porträtgalerie des mährischen Adels jener Epoche vor.

Deutsch von Jürgen Ostermayer