Časopis ARS 37 (2004) 1-2

Dušan BURAN

Fragmenty gotických iluminovaných kódexov z dvoch slovenských archívov
[Fragmente gotischer Buchmalerei in zwei slowakischen Archiven]
[Fragments of Gothic Illuminated Codices in Two Slovak Archives]

(Resumé)

In slowakischen Archiven und Bibliotheken werden viele bisher unveröffentlichte Fragmente der mittelalterlichen illuminierten Kodizes aufbewahrt. Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, vier von ihnen — drei Folia im Kremnitzer Archiv und ein Fragment einer Inkunabel im Preßburger Stadtarchiv — kunstwissenschaftlich kurz vorzustellen.

Die zwei Fragmente eines Missals im Staatsarchiv zu Kremnitz (MV SR, Štátny archív Banská Bystrica, pob. Kremnica — ohne Sign.) stammen von dem Meister der Paulusbriefe, der um 1400 für Prager, bzw. böhmische Auftraggeber tätig war. Das Folio A dominiert eine Miniatur der Darbringung Christi im Tempel in der Initiale S-uscepimus (zum Fest des Purificatio Mariens), auf dem Folio B wird eine Initiale S-acerdotes zum Rahmen der etwas seltenen Szene der Bischofsweihe des hl. Apollinaris von Ravenna (zum Offizium des Heiligen). Das dritte Fragment, ursprünglich einem anderen Missal zugehörig, stellt in einer A-d te lavavi Initiale den thronenden und segnenden Christus dar — ein ikonographisches Motiv, das nach 1400, bzw. in den 20er und 30er Jahren des 15. Jhs. vor allem in Brünn und Wien, doch aber auch in Preßburg anzutreffen ist.

Nach der Beschreibung und ikonographischer Einordnung aller drei Fragmente werden einige, die mögliche Provenienz der heute verschollenen Handschriften betreffende Fragen formuliert. Allem Anschein nach wurden beide durch Preßburg (Bratislava) vermittelt, war die Preßburger Kapitel im 15. Jh. doch das führende Zentrum der Buchmalerei in dem west- und mittelslowakischen Raum mit Kontakten der zahlreichen Kirchenmänner zu Kremnitz.

Zum Schluss wird noch die Miniatur einer Inkunabel (Psalmenkommentar) vorgestellt (MV SR, Archív hlavného mesta SR Bratislavy — Sign. EC Lad 2/51). Diese zeigt den auf einer Harfe spielenden König David und lässt sich aufgrund des Stils relativ zuverlässig der Werkstatt Ulrich Schreiers zuschreiben, welche von der Preßburger Kapitelbibliothek in den 80er Jahren des 15. Jhs. öfters Aufträge bekommen hat. Das Blatt zeigt am unteren Rand ein Wappen, das als Zeichen des Propstes Georg Peltel von Schönberg († 1486), des Vizekanzlers der Academia Istropolitana und Diplomaten im Dienst von König Matthias Corvinus sowie Kaiser Friedrich III. identifiziert werden dürfte. War dieser, aus Niederösterreich stammende Gelehrte derjenige, der die späteren Arbeiten der Werkstatt Schreiers in Preßburg überhaupt initiierte?

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