Journal ARS 28 (1995) 2-3

Alexander FRICKÝ

Ikony na východnom Slovensku
[Ikonen in der östlichen Slowakei]
[Icons in Eastern Slovakia]

(Summary)

Die Entwicklung der Ikone hat sich im Gebiet Karpatengaliziens, wohin man auch die sich heute in der östlichen Slowakei befindenden Ikonen einordnen kann, in ihrer inhaltlichen, sowie formalen Komponente bemerkbar gemacht. Diese Ikonen erzählen über die Geschichte der Region, wo (resp. für welchem) sie geschaffen worden waren, über die Verwandlungen ihrer inhaltlichen Komponenten, über die Technik und Technologie des Malens, sowie auch über regionale und zeitliche Besonderheiten, die jeder Sehenswürdigkeit einen eigenartigen Reiz und Schönheit verleihen.

Die ältesten und wertvollsten Ikonen ungefähr aus dem 16. Jahrhundert, in Galizien angefertigt, resp. im westlichen Teil noch in den Klosterwerkstätten des Kiewer Rus, hielten an den byzantinischen Vorlagen fest. Ikonographisch, künstlerisch, sowie auch technologisch gingen die aus dem Malerkodex „Hermeneia“ des Mönchs Dionysius vom Kloster auf dem Berg Athos in Griechenland aus. Die Ikonen mit einer byzantinischen Nuance wurden dort bis zur Wende des 16. zum 17. Jahrhundert geschaffen. Damals, im Jahre 1596 hat sich ein Teil der Geistigen und Gläubigen mit dem östlichen Ritus Roms vereinigt (Brest-litauische Union). Die Ikonen aus dieser Zeit können in eine Schlussphase des nachbyzantinischen „Manierismus“ mit eine charakteristisch stilisierten Gewanddraperie der Figuren eingereiht werden. In der östlichen Slowakei handelt es sich um Ikonen aus dem untergegangenen kleinen Holzkirchen in der Gemeinde Rovné (Bez. Svidník), die sich im Šarišer-Museum in Bardejov befinden. Die Ikonen in der kleinen Kirche der Gemeinde Uličské Krivé (Bez. Snina) stellen die kostbarsten Sehenswürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, die am ursprünglichen Ort erhalten geblieben sind, dar.

Die Ikonen aus dem 17. Jahrhundert stellen eine Zwischenetappe der Entwicklung der Ikonenmalerei im Gebiet Karpatengaliziens dar. Sie sind nur noch regionale Metamorphosen älterer Vorlagen. Eine wesentliche Änderung der inhaltlichen Seite kommt beispielsweise durch das Eingehen auf die sogenannte hierarchische Perspektive und Hypertrophie der Gestalten zum Ausdruck. Die heimischen, regionalen Elemente gerieten nach und nach in die inhaltlichen Komponenten der Ikone und ihre künstlerische Komponente wurde von der europäischen Renaissance- und später der Barockkunst beeinflusst. Die formalen Ausdrucksmittel, sowie die Maltechnik und -technologie wurden vereinfacht und verändert. Die Ikone wird nach und nach wie im Westen zum Kirchenbild – zum Kultgegenstand.

Die Dedikationsinschriften auf einigen Kunstwerken, die sich heutzutage in der nord-östlichen Slowakei befinden, sowie auch die Ähnlichkeit mit den Kunstwerken in den nahen polnischen Gemeinden berechtigen uns, die Werkstätte dieser Sehenswürdigkeiten noch auf der polnischen Seite der Karpaten zu suchen. Deswegen die Behauptung einiger Autoren, dass es sich um „Kunstwerke des ikonenartigen Schaffens, das in der östlichen Slowakei entstanden ist, handelt“, ist unbegründet.

Die griechisch-katholische Kirche östlichen Ritus' hat ihre Tätigkeit in der Slowakei nach dem Vereinigungsakt (Union mit Rom im Ungarischen Königreich im Jahre 1646, die sog. „Užgorodsche“) entwickelt. Sie behielt das prunkvolle Kultritual und die Liturgie, die kirchenslawische liturgische Sprache, die wunderschönen Gesänge, die reichen Gewänder, sowie auch die Verehrung der Ikonen, die sich fortlaufend in der inhaltlichen sowie auch fonnalen Komponenten änderten, für sich bei.

Im 18. Jahrhundert kam es zu einer wesentlichen Änderung vor allem in der künstlerischen Komponente. Die ursprünglichen ikonenartigen Ausdrucksmittel wurden von den neueren malerischen Darstellungselementen abgelöst. Die graphische Stilisierung des Gewandes wurde von der Barockmodellierung durch Farbe und Licht mit Schatten abgelost. Die Verschiebung der ästhetisch-emotiven Bildwirkung auf der reich geschnitzten und bunt polychromierten Rahmung der Ikonen, vor allem auf den Ikonostasen, ist eine Begleiterscheinung dieser Phase der Ikonenmalerei. Auch auf dem Ikonostas wurden die Bildmasse zu Gunsten der reich geschnitzten und bunt polychromierten Architektur verkleinert. Zu dieser Zeit wurden die Ikonen und Ikonostasen schon von den Barockmalern, die in der östlichen Slowakei lebten (A. und. G. Gajecki, J. Mirejovský, F. Ferdinan¬dy u. a.), die auch die Bilder für die römisch-katholischen Kirchen malten, gemalt.

Die Schlussphase der Bildernmalerei für die griechisch-katholischen Kirchen stellen die Werke, die im Sinne des europäischen Nazarenismus des 19. Jahrhunderts (im Gebiet Karpatengaliziens repräsentiert durch das Schaffen der verästelten polnischen Malerfamilie Bogdanski) gemalt wurden, dar. Diese zeigen fast keine Unterschiede zu den Kirchenbildern des westlichen Ritus. Künstlerisch überzeugendere Werke sind die Bilder der ostslowakischen Maler aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Bilder von M. Mankovič, J. Miklošík-Zmij, J. Rombauer u. a. haben keinen Ikonencharakter mehr im künstlerischen Sinne, obwohl einige davon noch aus den Ikonostasen hervorgingen und bei der Kultausübungen des östlichen Ritus ihre ursprüngliche Sendung erfüllten.

Eine spezifische Gruppe dieser Kunstwerke bilden sogenannte „volkstümliche Ikonen“, die von den wandernden Mönchen und naiven Malern gemalt und die unter den Leuten des Karpatgebietes „bohomazy“ genannt wurden. Die eindruckvollsten von ihnen stammen bereits aus dem 17. Jahrhundert. Der aufrichtige Pathos des Malers, sowie auch die unverminderte Verehrung der Besteller haben diesen Ikonen noch für sehr lange Zeit den Ikonencharakter als einem Kultgegenstand gesichert, obwohl die Humanisation der inhaltlichen Komponente hier ihren Gipfelpunkt erreichte. Die innigen menschlichen Gefühle und Empfindungen wurden statt der göttlichen Majestät und Strenge bevorzugt.

Die Volkstümlichkeit des Ikonenmalens für den Gebrauch der breitesten Gesellschaftsschichten ist auch in der formalen Komponente zum Ausdruck gekommen. Die naiven Maler haben die ursprüngliche Ikonentechnik und -technologie nicht mehr gekannt. Sie hatten keine Musterbücher für Malen („kunstbuski“, „podlinniki“) mehr. Sie hatten auch keine kostbaren Pigmente, Male-, Binde-, Verdünnungsmittel und Lacke zur Verfugung, so ersetzten sie sie durch Materialen aus heimischen leicht zugänglichen Quellen. Die volkstümlichen Ikonen haben, trotz ihrem Mangel an einigen inhaltlichen und formalen Mitteln, an ihrem ikonartigen Reiz und ihrer Schönheit nichts verloren.

Ikonen jeder Entwicklungsphase befinden sich heute in der östlichen Slowakei, in der Expositionen von Museen (in Bardejov, Svidník, Stará Ľubovňa, Košice), in einigen Galerien (SNG Bratislava, Prešov), sowie auch in kleinen Holzkirchen auf dem Lande (in Uličské Krivé, Krajné Čierne, Semetkovce, Jedlinka, Krivé, Tročany, usw.).